Zu Besuch beim König

Stimmungsvolles Festival zum Abschluss eines denkwürdigen Biathlon-Winters

Ski-Wettbewerbe am legendären Holmenkollen sind immer etwas Besonders. Das gilt für die Nordischen Skisportler ebenso wie für die Biathleten. Und wenn dann noch der Umstand hinzukommt, dass zum ersten Mal seit Jahren wieder viele Menschen an der Strecke und im Stadion stehen und die Zuschauer in hellen Scharen auf den Hausberg der Hauptstadt Oslo pilgern, um den besten Skijägerinnen und Skijägern bei der Arbeit zuzuschauen, dann steht einem Festival nichts mehr im Wege.

Und so wurde das Finale in Oslo zum Finale furioso – gespickt mit tollen Leistungen. Da wäre der vielleicht alles überstrahlende Erfolg von Erik Lesser zu nennen. Der Deutsche, der nach den Olympischen Spielen seinen Abschied vom Leistungssport zum Saisonende bekannt gegeben hatte, wollte noch einmal – und weil die Form passte, siegte der Thüringer im Verfolgungsrennen, durfte im Abendrot seiner Laufbahn noch einmal aufs oberste Treppchen klettern und anschließend sogar Norwegens König Harald V. die Hand schütteln. Schöner kann eine Laufbahn nicht enden. Da applaudierte sogar Seriensieger Johannes Thingnes Boe, der nach den Spielen seine Saison beendet hatte und als Zuschauer auf den Kollen geklettert war. Boe sah zu, wie Quentin Fillon Maillet sich die große Kugel des Gesamtweltcupsiegers schnappte – völlig verdient, denn der Franzose war in diesem Winter bei den Weltcups tatsächlich das Maß der Dinge, Boe erlebte, wie die entthronte Titelverteidigerin Tiril Eckhoff mit gleich zwei Tagessiegen noch einmal ihre Spätform eindrucksvoll unterstrich, wie die Herren Bakken und Laegreid am letzten Tag noch einmal für einen spannenden Sprint sorgten. Und weil die Französin Justine Braisaz das Massenstartrennen der Damen zu ihren Gunsten entschieden hatte, da spiegelten die finalen Wettbewerbe oberhalb von Norwegens Hauptstadt den Saisonverlauf auch sehr gut wider. Denn Norwegen, Frankreich, dazu Schweden – das waren die in diesem Winter dominanten Nationen. Kein Wunder, nichts Neues. Aber in seiner Konstanz schon beeindruckend. Dazu kommen natürlich einzelne herausragende Athletinnen und Athleten, Lisa Theresa Hauser beispielsweise, die Österreicherin oder Denise Herrmann aus Deutschland, bis zum Ausschluss ihres Landes auch Dzinara Alimbekava aus Belarus, Dorothea Wierer aus Italien oder Marketa Davidova, die Tschechin. Bei den Herren waren die Kräfteverhältnisse noch deutlicher. Nur Sebastian Samuelsson, der starke Schwede, konnte in die norwegisch-französische Phalanx eindringen, die noch deutlicher geworden wäre, hätte der jüngere der Boe-Brüder in diesem Winter nicht alles seinem großen Saisonziel Peking untergeordnet und den Weltcup fast ein bisschen vernachlässigt. Bruder Tarjei hielt sich mit Gesamtplatz sechs schadlos. Und sonst so? Die besten DSV-Starter folgen auf den Rängen acht mit Benedikt Doll, Erik Lesser wurde nach seinem beeindruckenden nacholympischen Finish noch Zehnter und Johannes Kühn landete auf Rang elf.

Blickt man über den sportlichen Tellerrand hinaus, muss man konstatieren, dass auch der Olympiawinter im Zeichen der Pandemie stand. Leere Ränge, viele Sportler, die Corona-gebeutelt nicht starten konnten, längere Wettkampfpausen zu verkraften hatten. Und der Ukraine-Krieg drängte den Sport dann gänzlich in den Hintergrund. Deshalb bleibt für den kommenden Winter eigentlich nur die Hoffnung, die Hoffnung auf Frieden, die Hoffnung darauf, dass sich die Starterfelder dann wieder füllen und die Hoffnung, dass es einen Winter ohne Corona zu erleben gibt. Wo der geneigte Fernsehzuschauer den ersten Teil der neuen Saison, deren Höhepunkt die WM in Oberhof sein wird, im November und Dezember bewundern kann, das steht aber noch nicht so ganz fest. Denn König Fußball macht sich breit auf den Fernsehkanälen und da müssen allen anderen Sportarten wahrscheinlich weichen. Ob ins Internet, auf Spartenkanäle oder ob sich doch ein Zeitfenster findet – mal schauen.

Fotos: K.Voigt Fotografie

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