Altbekannte Spuren im Schnee

Die Saison zwischen den Weltmeisterschaften brachte wenig Neues

Riiber, Kraft, Kobayashi oder Klaebo – es waren die bekannten Namen, die in der zu Ende gehenden Saison die Schlagzeilen dominierten. Eine Saison, die mit vielen Fragezeichen begann und mit mindestens so vielen Fragezeichen endete. Aber der Reihe nach: Kein Fluor mehr zum Präparieren der Skier, das war die Botschaft, bevor die Wettkampfserien im November in Fahrt kamen. Weil der Start in den Winter in Skandinavien erfolgte, bei klirrender Kälte in Finnland, spielte das Thema zunächst keine Rolle, das Wachsproblem ploppte erst auf, als die Karawanen bei milderen Temperaturen in Mitteleuropa Station machten.

Weil der klassische Saisonhöhepunkt in diesem Winter fehlte, suchten sich die Teildisziplinen Alternativen. Lange suchen mussten Skispringer und Kombinierer nicht, für die einen war es die Vierschanzentournee, für die anderen das Seefeld-Triple. Im Langlauf hieß das Highlight Tour de Ski. Skispringerinnen und Kombiniererinnen taten sich da schon schwerer. Die Tournee für Frauen ist noch immer nicht auf dem Gleis, die deutschen Stationen Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf standen, beim Nachbarn in Österreich aber klemmt noch die Säge, was unter anderem daran liegt, dass das leidige Thema fehlendes Flutlicht am Bergisel in Innsbruck immer noch nicht behoben werden konnte. Die Kombiniererinnen stehen noch schlechter da. Wenige Weltcups, in Seefeld statt des Triples nur ein Double, dass den Damen eine Lobby fehlt, merkt man an allen Ecken und Enden. Dabei wäre es wichtig, die Disziplin zu fördern, denn nach wie vor droht das Aus bei den Olympischen Spielen und das wäre gleichbedeutend mit dem Ende der Nordischen Kombination als Leistungssport – die Förderung würde wegbrechen.

Da ist es auch nicht hilfreich, dass die Weltspitze dominiert wird von Athletinnen und Athleten aus Norwegen. Kein Vorwurf an Sportlerinnen und Sportler, die Weltklasse sind, aber die Konkurrenzen sind und bleiben langweilig, wenn man schon vor dem ersten Sprung die Namen Riiber oder Hagen in den Siegerpokal gravieren kann. Jarl Magnus Riiber dominierte die Konkurrenz erneut in beeindruckender Art und Weise, Ida Marie Hagen löste Vorjahres-Dominatorin Gyda Westvold Hansen an der Spitze ab, Marie Leinan Lund als Dritte des Gesamtweltcups machte die norwegische Überlegenheit vor dem „Rest“ der Welt deutlich. Deshalb muss man bei der Saisonbilanz leider feststellen: Spannend geht anders!

Das galt in diesem Winter auch für das Skispringen. Stefan Kraft siegte von Beginn an, konnten die Deutschen Adler im ersten Trimester noch richtig mithalten und mit guten Auftritten der gesamten Mannschaft überzeugen, war bei den DSV-Adlern nach der Vierschanzentournee die Luft weitestgehend raus. Nur Andreas Wellinger hielt noch einigermaßen mit der Spitze, spätestens mit Beginn der RAW-Air in Oslo war aber auch beim letzten Deutschen der Form weg.

Für Polens Skispringer gilt das mit dem Formtief für den ganzen Winter, Stars wie Zyla, Kubacki und Stoch fanden nie zu gewohnter Form, lediglich Aleksander Zniszczol konnte das eine oder andere kleine Ausrufezeichen setzen. Je größer die Schanze, desto besser die Slowenen, das galt auch für diesen Winter und Ryoyu Kobayashi gewann das Highlight, die Vierschanzentournee – und das ziemlich souverän. Für Schlagzeilen sorgte ein anderer Japaner: Noriaki Kasai, der im für Skispringer biblischen Alter von 51 Jahren noch immer im Weltcup mitmischt.

Blieben von den Top-Teams noch die Norweger. Die lieferten sich einen öffentlichen Streit um ihren (bisherigen) Trainer Alexander Stöckl. Für Außenstehende hatte die Aktion viele Zutaten einer Intrige, Stöckl war am Saisonende nicht mehr bei der Mannschaft, die steigerte allerdings ihre Leistungen und versuchte, die Saison noch einigermaßen zu retten. Ob ein Zusammenhang mit der Demission des bisherigen Erfolgstrainers besteht, das kann man von außen wohl nur schwerlich beurteilen.

 

Mit Peter Prevc verabschiedete sich ein Großer seines Fachs vom Leistungssport, Prevc sorgte mit seinem Sieg beim Skifliegen in Planica noch einmal für einen Paukenschlag. Dass der Name Prevc aber dem Skispringen nicht verloren geht, dafür sorgen nicht nur seine Brüder, sondern auch Schwester Nika, die sich die große Kristallkugel für den Gesamtweltcup sicherte. Während insbesondere die deutschen Springerinnen eine äußerst durchwachsene Saison erlebten, konnte Alexandria Loutitt aus Kanada beweisen, dass ihr WM-Titel 2023 in Planica kein Zufall war, Norwegens Silje Opseth jubelte in Vikersund über den neuen Weltrekord im Skifliegen und Landsfrau Eirin Kvandal unterstrich zum Saisonausklang mit dem Gesamtsieg bei der RAW-Air, dass man mit ihr in den nächsten Wintern unbedingt rechnen sollte.

Bliebe der Langlauf. Im Männer-Bereich gibt es da nichts Neues zu vermelden. Norwegens Männer dominieren nach Belieben, in ihrem Schatten – fünf Norweger standen nach Ende der Saison auf den ersten fünf Plätzen der Gesamtwertung – pirscht sich ein Deutscher an die Weltspitze heran: Friedrich Moch. Während der 23jährige aus Memmingen bei den Herren als Solist die DSV-Farben auf den vorderen Plätzen der Ergebnislisten vertritt, sind mit Victoria Carl und Katharina Hennig gleich zwei Frauen ganz vorne mit dabei. Überhaupt war – blickt man auf alle Teilbereiche – der Langlauf-Weltcup der Frauen wohl die am ausgeglichensten besetzte Disziplin. Am Ende hatte mit Jessica Diggins eine alte Bekannte die Nase vorn, vor den Schwedinnen Svahn und Karlsson.

Erstaunlicherweise landete Heidi Weng als beste Norwegerin im Gesamtklassement nur auf Rang acht, das wird man im Mutterland des Nordischen Skisports nicht mit Freude registriert haben. Da passt es sicherlich gut, dass sich mit Theres Johaug ein Superstar bei den nationalen Meisterschaften erfolgreich zurückmeldete. Johaug gewann über 30 km, hatte auf Weng dabei vier Minuten Vorsprung, wollte sich aber über ein mögliches Comeback auf internationaler Bühne nicht äußern. Lohnenswert wäre es allemal, findet doch die Weltmeisterschaft im kommenden Winter in Norwegen statt, in Trondheim erwarten sie für die Titelkämpfe bis zu 300.000 Besucher. Die neu hergerichteten Wettkampfstätten im Granasen-Skizentrum vor den Toren der Stadt zeigten sich bei den Testwettbewerben schon in prächtigem Zustand und auch das Wetter spielte mit.

Womit wir beim wohl größten Fragezeichen für die Zukunft der Sportart wären. Es war ein extrem warmer Winter, das kann Zufall sein, möglicherweise aber auch ein Vorbote des sich abzeichnenden Klimawandels. Weltcups in Mittelgebirgen durchzuführen, wird deshalb mehr und mehr mit dem Risiko verbunden sein, dass das Wetter nicht mitspielt, es an Schnee fehlt. Und selbst wenn man die weiße Pracht irgendwie beschafft oder produziert, ist das mit enormen Kosten verbunden, die Gastgebern ein extremes wirtschaftliches Risiko aufbürdet. Deshalb müssen alle Beteiligten in Zukunft noch besser koordinieren, möglicherweise die Weltcup-Planungen überdenken. Neue, schneesichere Austragungsorte wären eine Lösung, neue Termine für traditionelle Weltcup-Stationen eine andere. Vielleicht auch Wochen oder Wochenenden mit allen Teilbereichen an einem Ort, so wie in Kuusamo, Lahti oder Oslo. Das würde neue Spuren in den Schnee zaubern.

Foto Titel: Skispringen-News.de

Foto Text: Grega Valancic/VOIGT

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