Was lange währt – Danke Marte!

Marte Olbu Roiseland erklärt ihren Rücktritt vom Wettkampfsport

Beweisen musste Marte Olsbu-Roiseland schon lange niemand mehr irgendetwas. Höchstens sich selbst. Vielleicht war das der Grund, weshalb die 32jährige Norwegerin nach den Olympischen Spielen von Peking einfach noch nicht loslassen wollte, vom Biathlon. Jetzt aber ist es genug. Vor dem Weltcup-Finale in Oslo gab Olsbu-Roiseland ihren Rücktritt vom aktiven Sport bekannt.

Ungewöhnliche Entwicklung

Es ist das Ende einer in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Laufbahn. Marte Olsbu kam nämlich zum Sport, weil sie gegen ihr Asthma ankämpfte und durch die körperliche Betätigung ihre Lungenkapazität verbessern sollte. Zunächst spielte das Mädchen aus Froland in der südnorwegischen Provinz Agder Handball, wechselte später zum Biathlon und 2006 auf ein Skigymnasium. Durch besondere Leistungen fiel sie dabei nicht auf, wohl aber, so ihr damaliger Coach Roger Gruppen, durch ihre gewissenhafte Planung und die bestechende Strukturiertheit, gepaart mit ihrem enormen Willen, sich selbst zu verbessern. Und sie lernte am Gymnasium einen gewissen Sverre Roiseland kennen und lieben. Rückschläge auf dem Weg an die Spitze blieben nicht aus, eine Achillessehen-Verletzung bremste sie ebenso aus, wie die Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber.

Marte wie ein Diesel – langsamer Start, aber wenn er läuft…

Auch der Aufstieg in den Weltcup verlief eher zäh. Während mit Tora Berger der Topstar der Norwegerinnen das Leistungsniveau bestimmte, konnten sich Athletinnen in Olsbus Alter schneller etablieren, Tiril Eckhoff beispielsweise. Wendepunkt war dann die WM 2016. Beim Staffelrennen vor heimischer Kulisse in Oslo wurde Olsbu erstmals in ihrer Laufbahn als Schlussläuferin aufgestellt, übernahm als Erste und führte das Quartett als Siegerstaffel ins Ziel. Jetzt begann die Norwegerin sich in der Weltspitze zu etablieren, langsam und allmählich zwar, wie man es von ihr gewohnt war, aber kontinuierlich. Vor allem die Verbesserung ihrer Schießleistungen waren der Schlüssel zum Erfolg. In Pyeongchang reichte es bei den Olympischen Spielen so zu zwei Silbermedaillen. Und: Im Sommer 2018 wurde geheiratet, aus Marte Olsbu wurde Marte Olsbu-Roiseland. Ihr Mann Sverre hatte inzwischen die Trainerlaufbahn eingeschlagen.

 

Highlight Antholz

Die folgende Saison brachte den endgültigen Durchbruch in die Weltspitze. Es gab Weltcupsiege und bei der WM in Östersund zwar keine Einzelmedaillen, dafür aber gleich 3x Gold in den Teamwettbewerben. Olsbu-Roiseland, die Planungsweltmeisterin, erkannte, dass sie für die ganz großen Siege auch im Einzel das Trainings- und Wettkampfprogramm dosieren muss. Und darauf richtete sie die folgende Saison aus. In Antholz folgte 2020 bei der WM der ganz große Triumpf. Fünf Goldmedaillen, dazu zwei Bronzeplaketten. Da machte es auch nichts, dass ihr der Weltcup in diesem Winter eher schnuppe war.

Leistungsdelle und Comeback im Olympiawinter

Was folgte war die Corona-Pandemie. Die führte bei der inzwischen überaus populären Norwegerin zu mentalen Problemen. Einerseits fehlte das Publikum bei Wettkämpfen, andererseits agierte sie – wie sie später selbst gestand – zu ängstlich, zu zögernd. So verlief die Saison 2020/21 eher gemischt. Bei der WM auf der slowenischen Pokljuka reichte es aber trotzdem zu zwei weiteren Goldmedaillen in der Mixed-Staffel und in der Staffel. Erneut war es ihr Ehemann Sverre, der Marte den Weg aus diesem Leistungsloch zeigte. Denn im Winter 2021/22 dominierte die nun erfahrene Biathletin sowohl im Weltcup als auch bei den Olympischen Spielen in Peking, dort sammelte sie fünf Medaillen ein, darunter Gold im Sprint, der Verfolgung und in der Mixed-Staffel. Nach Antholz 2020 der zweite ganz große Karrierehöhepunkt.

Neue Reize, Rückschläge und das letzte Hurra

Ob Marte Olsbu-Roiseland nach Peking ans Aufhören gedacht hat, behält sie bis heute für sich. Aber möglicherweise sah sie im Wechsel ihres Mannes nach Deutschland, Sverre übernahm als Disziplin-Trainer die DSV-Damen, noch einmal einen neuen Reiz. Olsbu-Roiseland trainierte in der Vorbereitung auf die nacholympische Saison jedenfalls gemeinsam mit den deutschen Damen in Ruhpolding. Zumindest zeitweise. Denn im März hatte sich die Norwegerin mit dem Coronavirus infiziert und klagte anschließend immer wieder über diverse Beschwerden. Damit nicht genug, im Herbst erwischte sie auch noch eine Gürtelrose. Das erste Saison-Trimester fiel für sie damit flach und vor ihrem Einstieg in den Weltcup im Januar 2023 erklärte sie, noch nie habe sich eine harte Trainingssession so gut angefühlt, weil sie spüre, dass ihr Körper wieder funktioniere. Der Weltcup war für sie natürlich kein Thema, wohl aber die WM in Oberhof und die beendet Marte Olsbu- Roiseland wieder mit drei Medaillen, zwei Mal Gold und Bronze im Verfolgungsrennen. Es waren die Titel Nummer 12 und 13 und mit den in Summe vier Bronzeplaketten steht Olsbu-Roiseland nun bei 17 WM-Podiumsplätzen – Rekord. 34 Weltcupsiege, davon 15 als Solistin und die sieben Olympiaplaketten runden die sportliche Vita ab. Es ist die Vita einer Sympathieträgerin, die nie zum Glamour-Girl neigte, nie als Lautsprecher in Erscheinung trat, sondern die Herzen der Fans durch Leistung und harte Arbeit eroberte. Nicht umsonst wählte die französische Sport-Tageszeitung L’Equipe sie 2020 zur Weltsportlerin des Jahres, die Fachmedien des „Forum Nordicum“ verliehen ihr nach Peking den Titel „Biathlon-Königin“ und auch mit der legendären Holmenkollen-Medaille wurde sie bereits ausgezeichnet. Gut möglich, dass nach ihrem Rücktritt der Hagel an Auszeichnungen erst richtig einsetzt.

Fotos: K.Voigt Fotografie

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