Quo vadis, Nordischer Skisport?

Die Traditionssportarten im Schnee kämpfen um ihre Zukunft

Es gab – wie immer im Sport – auch bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft Sieger und Verlierer. Und weil auf dem Podest nur drei Plätze frei sind, war die Zahl der Enttäuschten traditionell größer, als die Zahl derjenigen, die sich über Medaillen freuen konnten. Insofern nichts Neues aus dem Skiwinter. Aber: Es ist doch einiges in Bewegung im Nordischen Skisport und ein Teil davon ist besorgniserregend.

Beginnen wir mit den sportlichen Details. Norwegen blieb auch bei den Festtagen in Slowenien das Maß der Dinge im Nordischen Bereich. Weil aus bekannten Gründen die Russen nicht teilnehmen durften, dominierten die Skandinavier den Langlauf der Herren nach Belieben, siegten in allen Entscheidungen. Auch in der Nordischen Kombination wurde bei allen Siegerehrungen die Fahne der Skandinavier immer bis ganz nach oben gezogen – zu dominant traten insbesondere die Seriensieger Gyda Westvold-Hansen und Jarl Magnus Riiber auf. Aber in Norwegen werden sie trotzdem kritisch auf die WM blicken, die Dominanz im Frauenlanglauf ging nämlich verloren, Schwedens Damen sind aktuell das Maß der Dinge und im Skispringen hatte man sich auch mehr ausgerechnet. Weil die nächsten Titelkämpfe für die Erfinder des Nordischen Skisports ein Heimspiel sind, 2025 wird die WM in Trondheim ausgetragen, darf man damit rechnen, dass das Maß der Dinge in diesem Sport bei den Wettkämpfen im Granasen-Areal noch stärker auftreten will, als in Slowenien.

Zufrieden zurück aus dem Tal der Schanzen in Planica dürfen auch die Deutschen. Ein Dutzend Medaillen, säuberlich verteilt auf alle drei Teilbereiche, also Lauf, Kombination und Sprung sind ein guter Ausweis des Leistungsvermögens der Deutschen. Besonders auffällig: Katharina Althaus, mit 3x Gold und dazu Bronze die Königin der WM, dazu die erst 17 Jahre alte Kombinations-Kronprinzessin Nathalie Armbruster. Deutschland glänzte vor allem als Mannschaft, sowohl disziplinübergreifend als auch in den einzelnen Teamwettbewerben. In der Loipe bestätigten die Damen mit Silber in der Staffel ihr Top-Resultat des Vorjahres von den Olympischen Spielen in Peking, die Männer sorgten mit Bronze über 4×10 km für eine echte Sensation der WM und die überraschendste Medaille für den DSV. Lediglich die Skispringer, die mit Silber und Bronze von der Normalschanze dennoch im Soll lagen und auch ihren Teil zum Mixed-Gold beitrugen, kamen nicht so richtig ins Fliegen – lieferten ein Spiegelbild der Ergebnisse der bisherigen Saison.

Aber was bleibt sonst von dieser WM? Viele Fragezeichen! Da wäre der mangelnde Zuschauerzuspruch, weil man auch in Slowenien auf die Idee gekommen war, diese WM als Kuh zu betrachten, die man bis zum Umfallen melken könne. Aber das Publikum entschied sich gegen horrende Eintrittspreise und überteuerte Hotelbetten und blieb einfach weg – mal abgesehen von den beiden Männerwettbewerben auf der Großschanze, die mit rund 8.000 Besuchern pro Abend aber in Sachen Fanzulauf auch nicht überquollen.

Das Wetter spielte auf gut 1.000 Metern Höhe meistens mit, aber Planica lebte auch von den Schneereserven aus den Karawanken, denn bei Sonnenschein konnten die Temperaturen schon mal in den zweistelligen Plusgrade-Bereich klettern. Organisatorisch liefen viele Dinge gut, trotzdem blieben die Transportprobleme bis zum Schlusstag ein Ärgernis. Grundsätzlich aber muss sich der Nordische Skisport die Frage stellen, wohin die Reise gehen soll. Ja, die nächsten Welttitelkämpfe werden in Skandinavien sicherlich einigermaßen schneesicher ablaufen. Aber wenn Falun 2027 an die Auflage von 2015 anknüpft, erleben wir in vier Jahren wieder eine reine Langlauf-WM, mit Skispringen und Nordischer Kombination lockt man in Schweden keinen Fan hinter dem Ofen hervor. Und künftige Ausrichter werden sich bei immer wärmeren Wintern wohl die Frage stellen, ob eine Bewerbung eingedenk der ausufernden Kosten für moderne Anlagen und die Produktion von Kunstschnee und der Kritik an der damit mangelnden Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit Sinn macht oder eher kontraproduktiv ist.

Last but not least wäre da noch das große Sorgenkind des Nordischen Skisports – die Nordische Kombination. Der hätte in Planica eigentlich die größte Aufmerksamkeit zukommen müssen, insbesondere von Seiten des Weltskiverbandes. Der aber brachte das Kunststück fertig, die Premiere des Mixed-Team Wettbewerbes mangels ungenügender Vorbereitung komplett zu versemmeln. Der Aufsprunghang an der Schanze war mal eben nicht präpariert. Peinlich für alle Beteiligten, anders kann man das wohl nicht nennen.

Für die Dominanz der beiden Überflieger aus Norwegen kann niemand etwas – höchstens die Konkurrenz. Aber wenn der FIS-Präsident die Sportart im Vorfeld der WM als „witzig“ beschreibt, dann dürfte das den Granden des Internationalen Olympischen Komitees, die im Sommer des letzten Jahres den kombinierenden Frauen den Zutritt in den Olymp verwehrt und den Herren ihre Verabschiedung aus dem Olympischen Programm angedroht hatten, als Bestätigung ihrer Position in die Karten spielen. Womit wir beim wohl derzeit größten Problem des Weltskiverbandes FIS wären – und das ist deren Präsident. Man zu zum Schweden Johan Eliasch stehen wie man will, seine Ideen gut finden oder eben auch nicht. Aber es zählt zu den elementaren Aufgaben eines gewählten Anführers eines Weltverbanden, beim Großereignis, beim Treffen der Weltbesten anwesend zu sein. Eliasch aber brachte das Kunststück fertig, zur offiziellen Eröffnung einzuschweben, ein paar trostreiche Worte loszuwerden und noch vor der ersten Entscheidung auf Nimmerwiedersehen zu entfleuchen. Dieser (Nicht-) Auftritt sagt mehr als 1.000 Wort und wirft die Frage auf: Quo vadis, Nordischer Skisport. Keine schönen Aussichten.

 

Foto: K.Voigt Fotografie

 

 

 

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