Nove Mesto feiert zum zweiten Mal die Biathlon-WM

Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts rückte Nove Mesto zum ersten Mal in den Blickpunkt des Wintersportgeschehens. Man führte einen Langlauf-Weltcup durch. 2006 wollte der Ort in Mähren dann auf die ganz große Bühne: Die Tour de Ski, inzwischen ein etablierter Wettbewerb im Langlaufzirkus, sollte ihre Premiere am Harusův Kopec , dem höchsten Berg der Region, und im Ochozawald feiern. Das Gelände ist das bedeutendste Skizentrum auf der Böhmisch-Mährischen Höhe. Leider aber nicht schneesicher genug; Ende Dezember 2006 gab es jedenfalls zu wenig von der weißen Pracht, erst im Folgejahr machte die Ski-Karawane dann Station im Mährischen, es folgten noch ein paar weitere Teilnahmen an der Skitour. Aber: Ganz zufrieden war man in Nove Mesto nicht und wandte sich daraufhin einer anderen Wintersportart zu, dem Biathlon.

Millionen wurden investiert, das Stadion umgebaut, Tribünen errichtet, der Schießstand runderneuert, ein modernes Funktionsgebäude etabliert – gute Voraussetzungen, um im Weltcup einen festen Platz zu finden. Vorbild der Tschechen war in vielen Punkten Oberhof. Auch in Bezug auf den Publikumszuspruch. Denn die Fans gelten als enthusiastisch, laut und feierwütig. Die steilen Besucherplattformen rund um Start und Ziel schaffen echte Stadionatmosphäre, ein Pfund, mit dem Nove Mesto auch bei der Bewerbung für die Welttitelkämpfe 2024 punkten konnte. Außerdem konnte der Biathlonverband der Tschechischen Republik darauf verweisen, dass schon die WM-Premiere 2013 in der Vysočina Arena ein voller Erfolg war.

Jetzt also versammelt sich alles, was im Biathlon-Sport Rang und Namen hat, erneut in der Tschechischen Republik. Die Top-Nationen, Norwegen, Italien, Frankreich, Österreich, Schweden und natürlich Deutschland schicken nicht nur Sportler, sondern auch jede Menge Fans und es ist zu erwarten, dass die Wettbewerbe wieder vor einer stimmungsvollen Kulisse ausgetragen werden können. Die Organisatoren hoffen sogar, Vorbild Oberhof in Sachen Atmosphäre übertreffen zu können.

Sportlich sind die Favoritenrollen eigentlich klar verteilt, Norwegens Männer dominieren nach durchwachsenem Start inzwischen den Weltcup, auf den ersten sechs Plätzen in der aktuellen Gesamtwertung finden sich ausnahmslos Athleten aus dem Land der Fjorde. Johannes Thingnes Boe ist dabei wieder einmal das Maß der Dinge. Ob es für den Seriensieger allerdings auch anno 2024 zu sieben Medaillen reicht wie im Vorjahr, darunter waren beim Auftritt in Oberhof gleich fünf aus Gold, das darf man durchaus bezweifeln. Denn so dominant wie in der Vorsaison ist der 29jährige in diesem Winter nicht, mehreren Landsleuten gelangen ebenfalls Weltcupsiege, dazu dem Schweden Sebastian Samuelsson und erfreulicherweise auch den Deutschen Philipp Nawrath, Roman Rees und gleich zwei Mal Benedikt Doll. Der haderte zwar zuletzt mit seinen Schießleistungen, aber wenn Doll in Nove Mesto wieder trifft, ist er ein ernst zu nehmender Medaillenkandidat.

Bei den Frauen liegt mit Ingrid Landmark-Tandrevold ebenfalls eine Norwegerin in der Weltcup-Gesamtwertung ganz vorn, danach aber wird es international. Die Französinnen Julia Simon und Justine Braisaz Bouchet lieferten sich zuletzt rassige Duelle, Lisa Vitozzi aus Italien hegt ebenso Titelambitionen wie die Schwedin Elvira Oeberg und die Schweizerin Lena Häcki-Groß, die bei der Generalprobe in Antholz ihren ersten Weltcupsieg feiern konnte. Die deutschen Hoffnungen tragen die Namen Vanessa Voigt und Franziska Preuß. Beide starteten stark in die Saison, Preuß wurde dann aber durch einen Infekt ausgebremst und findet langsam zu alter Stärke zurück. Voigt zählte schon im Vorwinter zu den Medaillenkandidatinnen, konnte bei der WM in ihrer thüringischen Heimat dem Druck aber nicht ganz standhalten.

In Nove Mesto wird die Stimmung ähnlich sein, die Erwartungshaltung – ihre Person betreffend – aber nicht so gewaltig, vielleicht verleiht das ja Flügel. Die müssten auch den einheimischen Biathletinnen und Biathleten wachsen, wenn sie mit der Weltspitze mitlaufen wollen. Denn leider gibt es eine weitere Gemeinsamkeit mit den Welttitelkämpfen 2013 an gleicher Stelle. Vor elf Jahren suchte man Tschechiens Sportler meist vergeblich vorn in den Ergebnislisten, es gab eine einzige Bronzemedaille in der Mixed-Team-Staffel für die Gastgeber. Einzig eine junge Athletin namens Gabriela Soukalova überzeugte. Noch bekannter wurde die junge Frau unter ihrem Namen Koukalova, sie hatte 2016 den Badmintonspieler Petr Koukal geheiratet. Die Ehe hielt nicht. Nach der Scheidung 2021 heißt Koukalova jetzt wieder Soukalova und wird in Nove Mesto wieder dabei sein. Als Fernseh-Moderatorin.

Fotos: K.Voigt Fotografie

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