Sigi Heinrich-Blog: Frauenpower in Seefeld

Abseits vom Dopingwahnsinn in Seefeld vollzieht sich derzeit eine Zeitenwende im nordischen Skisport. Frauen erobern die Lüfte. Zehn Jahre nach dem ersten offiziellen Sprung bei einer Weltmeisterschaft wurde diesmal sogar schon ein Team-Wettbewerb ins Programm aufgenommen. Sehr kurzfristig leider, sodass sich nur wenige Mannschaften mit schlagkräftigen Athletinnen vorbereiten konnten. Deutschland, Österreich und Norwegen waren ihrer Zeit voraus und holten entsprechend auch die Medaillen. Der Jubel war auch deshalb groß bei den Teilnehmerinnen, weil sie jetzt das Gefühl haben, dass ihr Kampf um Gleichberechtigung, von den Schanzen dieser Welt zu springen, erfolgreich sein wird. Warum das so lange gedauert hat? Weil die Männergesellschaft im Internationalen Ski-Verband (FIS) den Damen nicht zutraute, dass auch sie eine große Flugschau bieten können. Schon vor einhundert Jahren hatte die holde Weiblichkeit einen ähnlichen Kampf, um den Platz unter dem Himmel ausgefochten. Einige wirklich wagemutige Frauen wollten die damaligen Höllenmaschinen nicht länger den Pionieren der Luftfahrt überlassen. Die wohl berühmteste ist Amelie Earhart, eine US-Amerikanerin, die vier Jahre nach Charles Lindbergh den Atlantik alleine überquerte. Übrigens war sie 21 Stunden schneller. Elsie Mackay, ebenfalls aus den USA, musste sich noch als Mann verkleiden, um ins Cockpit zu gelangen. Beide Frauen sind unter immer noch ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Fliegen war damals ein unkalkulierbares Risiko.

Das ist heute nicht mehr der Fall. Mittlerweile steht der Rekord bei 200 m, aufgestellt von Daniela Iraschko und gesprungen auf der Flugschanze in Bad Mitterndorf. Eingeleitet haben auch wieder Engländerinnen diese Entwicklung. So haben wir ja auch den Alpinismus und den alpinen Fremdenverkehr, ebenso wie den Skisport zu großen Teilen, den etwas schrulligen Engländern zu verdanken. Im Jahr 1911 soll die Engländerin Hocking sieben Meter weit gesprungen sein. Garantiert ebenso belächelt wie Comtesse Paula Lamberg aus Kitzbühel, die es auf 22 Meter brachte. Heute lächelt niemand mehr. Und das ist erst der Anfang, denn nach den Sprüngen von der Normalschanze wird als Nächstes der Wettkampf von der Großschanze folgen. Und dann kommt noch Skifliegen. Zwangsläufig und mit Recht.

Dabei muss niemand Angst haben oder sich sorgen. Die Skispringerinnen unserer Zeit sind bestens ausgebildet und der leichte frauliche Körper, schlank und mit wenig Gewicht, eignet sich bestens für den Flug zwischen Himmel und Erde. Die dazugehörigen Kraftkomponenten werden im Training geschaffen. Die Entwicklung wird – glaube ich – sogar noch weiter gehen und was auch noch folgen muss, ist die Gleichstellung in den Preisgeldern. Es kann nicht sein, dass die Frauen für ihren Sport weitaus weniger Preisgeld erhalten wie die Männer. Auch dieser Prozess wird noch weitergehen und eines vermutlich nicht allzu fernen Tages wird es Skisprung-Grand-Slam-Wochenenden geben. Frauen und Männer werden gemeinsam antreten. Die Männer werden es dabei nicht leicht haben, denn es scheint durchaus möglich zu sein, dass die holde Weiblichkeit bei Sprüngen von der gleichen Schanze mit gleichem Anlauf größere Weiten erzielen. Mann, das wäre was.

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