Ein großer Name, einer der größten im Biathlon. Fourcade. Er ist in Oslo aber er nimmt nicht an den Wettkämpfen teil und trotzdem taucht der Name im Ergebnis auf. Fourcade. Aber der eine, an den jeder sofort denkt, ist Martin, der Seriensieger der letzten Jahre, der andere Fourcade ist Simon (35), der vier Jahre ältere Bruder, der in Oslo im Sprint dabei war. Er beendete den Wettkampf mit einem 65. Platz und hat sich so nicht mehr für den Verfolger am Holmenkollen qualifizieren können. Und so war einen Tag früher als geplant Schluss mit dem Leben als Biathlet. Nie während seiner gesamten Karriere konnte er aus dem Schatten seines weitaus talentierteren Bruders treten. Siebenmal wurde er im Weltcup Zweiter. Ich erinnere mich noch gut an die Weltmeisterschaften 2012 in Ruhpolding, als er nahe dran war, sich einen Weltmeistertitel zu sichern. Dann kam ihm im Einzel noch der Slowene Jakov Fak zuvor. Er wurde wieder Zweiter. Und bei den Siegerehrungen im Champions-Park, bei dem die ersten Sechs des Klassements eingeladen wurden, stand er gedankenverloren dreimal in der Reihe und schaute immer voller Sehnsucht nach rechts, wo dreimal Martin als Weltmeister geehrt wurde. Im Sprint, Im Verfolger und im Massenstart. Und Simon? Er wurde Fünfter, Sechster und wieder Fünfter. Weltklasse. Es war vielleicht sein bestes Jahr. Und doch fühlte er sich in diesem Moment als der einzige grosse Verlierer. Das sah man ihm an. Es war nur Trauer um ihn herum. Abgehängt vom eigenen Bruder, der auf die Blutsbande keine Rücksicht nahm, nicht nehmen konnte. In der sportlichen Auseinandersetzung werden familiäre Verbindungen ausgesetzt. Das hat schon Dag Björndalen erlebt, als ihm sein jüngerer Bruder Ole-Einar früh die Show stahl. Das geht jetzt im Augenblick Tarje Boe so, der keine Chance hat gegen Johannes Thingnes. der in Oslo soeben den Rekord von 14 Siegen in einer Saison von Kinetixx-Vorzeigeathlet Martin Fourcade eingestellt hat. Auch Magdalena Forsberg gelangen in einer Saison einmal 14 Siege. Für Simon waren die Dauererfolge von Martin ein persönliches Drama und es gab Zeiten, das schien er nicht in der Lage zu sein, diese ständigen Niederlagen verkraften zu können. Fatalerweise war es auch ein Franzose, nämlich Raphael Poiree, der bei seinem ersten Podestplatz 2007 in Lahti vor ihm lag. Simon, dem man in Jugend-und Juniorenjahren grosses Talent bescheinigte, was durch Titel in diesem Altersbereich auch dokumentiert wurde, war der Fourcade-Schattenmann. Ein ganzes Sportlerleben lang. Und es war ihm nie ein grosser Trost, dass er in der Staffel gemeinsam mit Martin dreimal WM-Silber gewann. Nie Gold. Das gelang ihm ein einziges Mal bei der Weltmeisterschaft 2009 in PyoengChang, Ohne Martin. In der Mixed-Staffel siegte er mit Marie Laure Brunet, Sylvie Becaert und Vincent Defrasne. Es war der grosse Glücksmoment für ihn. Dass er es in Östersund noch einmal in das französiche Team schaffte, verdankt er seinem neuerlich erwachten Kampfgeist. Er quälte sich durch den IBU-Cup, machte mit ordentlichen Leistungen auf sich aufmerksam und durfte in Schweden überraschenderweise seine zehnte Weltmeisterschaft absolvieren. Und in Jämtland streiften ihn plötzlich und unerwartet doch noch ein paar sportliche Sonnenstrahlen zum Ausklang seiner Karriere. Simon Fourcade war im Einzelrennen besser. Besser als der vier Jahre jüngere Bruder Martin. Simon landete auf dem 19. und Martin exakt 20 Ränge dahinter auf dem 39. Platz. Verkehrte Welt für einen winzigen Moment in der Karriere des Simon Fourcade aber ein schöner, möglicherweise sogar versöhnlicher Wechsel der üblichen Reihenfolge, der ihm noch einmal zeigte, dass es vielleicht doch nicht so falsch war, vor seinem Bruder mit Biathlon begonnen zu haben. Eines jedenfalls hat Simon seinem Bruder Martin voraus. Er kann Niederlagen besser wegstecken als sein jünger Bruder. Das freilich musste er früh lernen, um zwölf Jahre im Weltcup zu überstehen. Meist sprach man eben nur über Martin und er, Simon, tauchte nur als Anhängsel im Ergebnisteil auf. Sein Abschied wird auch deshalb nicht mit Champagner und lautem Getöse enden. Das würde nicht zu ihm passen. Simon Fourcade hört einfach auf. Leise, wie so viele vor ihm. Adieu Simon.