Norwegen dominiert die Nordische Kombination – aber Keiner will’s wissen
Natürlich war der Jubel groß bei den Weltmeistern Gyda Westvold Hansen und Jarl Magnus Riiber. Beide sind Norweger, beide dominieren ihre Sportart, die Nordische Kombination, beide waren auch bei den ersten Entscheidungen der Nordischen Ski WM in Planica nicht zu gefährden. Das galt auch für den gemeinsamen Auftritt im erstmals ausgetragenen Mixed-Team Wettbewerb in ihrer Disziplin, in der Norwegen mit großem Vorsprung vor Deutschland als erster Titelträger in diesem Format das Ziel erreichte. Aber Riiber, Westvold und die im Team ebenfalls siegreichen Ida Marie Hagen und Jens Luraas Oftebro konnten bei aller Freude spätestens dann ihre Sorge um die Zukunft ihrer Disziplin nicht verdrängen, als die internationalen Medien nach dem Titelgewinn von den neuen Champions nach der WM-Premiere wissen wollten, wohin die Reise geht in der Nordischen Kombination.
FIS – Präsident mit irritierenden Ansagen, Zuschauer Mangelware
Denn – so schön die Medaillengewinne für Norwegen, Deutschland und die drittplatzierten Österreicher auch waren – die Wettkämpfe in Planica dienten nicht dazu, der Kombination neuen Schwung zu verleihen. Das Dilemma hatte schon damit begonnen, das sich der Präsident des Weltverbandes FIS, John Eliasch, rund um die Titelkämpfe zu der Aussage verstiegen hatte, die Nordische Kombination sei „lustig“. Der österreichische „Standard“ zitierte den gebürtigen Schweden mit der Bemerkung, dass Norwegens einstiger König Olav V. einer der ersten Kombinierer gewesen sei und der FIS-Präsident sieht hier wohl auch den Grund für die Aufnahme der Disziplin ins Olympische Programm. Fakt ist: Weder die Nachfahren des Königs, noch dessen Landsleute und schon gar nicht die gastgebenden Slowenen hatten Lust, sich die WM-Wettkämpfe live anzuschauen und so verlor sich bei den Einzelentscheidungen eine handverlesene Schar von Verwandten, Bekannten, Teamkolleginnen und Kollegen und ein paar „Hard-Core-Fans“ im Schanzenareal und auf den Tribünen des Langlaufstadions. Werbung für die Kombination sieht anders aus.
Gastgeber blamieren sich bei Vorbereitung der WM-Premiere
Der Vogel wurde aber bei der Mixed-Team-Premiere abgeschossen: Weil – veranlasst durch wen auch immer – der Schanzenauslauf nach dem Schneefall in der Nacht vor dem Wettkampf nicht mehr neu präpariert worden war, mussten nach einem Sturz des erfahrenen Allesandro Pittin aus Italien in der Probe die Testsprünge vor dem Wettkampf abgesagt werden. Was folgte, war eine halbherzige Verbesserung der Situation im Aufsprung. Völlig unzureichend, wie sich anschließend herausstellte, denn im ersten Wertungsdurchgang stürzte erst Pittin zum zweiten Mal – obwohl er seinen Sprung eigentlich sicher und in der Telemark-Technik zu Tal gebracht hatte und direkt nach dem Italiener auch noch der Japaner Akito Watabe. Beide waren in den Neuschnee geraten, der die Sportler jäh gebremst und damit aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Für Pittin war der Wettkampf damit zu Ende, für ihn ging Ersatzmann Aaron Kostner an den Start. Allerdings erst nach einer Verzögerung von mehr als zwei Stunden, denn nach dem Sturzfestival hatte sich die Wettkampfjury gezwungen gesehen, das Springen abzubrechen, um zunächst die Anlage in einen WM-würdigen Zustand zu versetzen. Was folgte, war ein viel zu kurzer Wechsel zwischen Springen und Laufen und als beim Rennen selbst auch noch Werbebanden in die Loipe wehten, war das Desaster perfekt.
Scharfe Kritik aus dem Kombiniererlager
Ivar Stuan hatte das Drama schon nach dem abgebrochenen ersten Durchgang auf den Punkt gebrachte. „Das ist nicht gut“, sagte der Sportdirektor des Norwegischen Fernsehens kurz und knapp. Und Deutschlands Männer-Sprungtrainer Heinz Kuttin kritisierte: „Wir haben das erste Mal eine Bühne bei einer WM, einen guten Wettkampf mit Frauen und Männern zu starten – und dann das…“. Und Cheftrainer Herrmann Weinbuch ergänzte: Für die gesamte Situation der Nordischen Kombination sei es “einfach wieder eine Katastrophe. Wir müssen weite, gute Sprünge sehen und nicht welche, die mit Stürzen enden. Das tut mir in der Kombinationsseele weh”.
Der nächste Sargnagel für die Disziplin
Und so fällt das Fazit der WM-Premiere bitter aus. Bei allem Jubel um Sieger und Platzierte – für die Nordische Kombination war das Desaster von Planica ein weiterer Sargnagel, die Luft für den Erhalt der Disziplin wird immer dünner. Es wird höchste Zeit, dass sich der Weltverband mehr einfallen lässt, als mit launigen Sprüchen seines Präsidenten aufzufallen. Der glänzt übrigens bisher bei allen WM-Wettkämpfen durch Abwesenheit, hatte am Tag nach der offiziellen Eröffnung Planica verlassen. Aber man kann sich dieses Eindrucks nicht erwehren – mit letzter Kraft scheint man sich in der Führung des Weltverbandes gegen den drohenden Tod der Nordischen Kombination nicht zu wehren.
Foto: K.Voigt Fotografie