Früher, ja früher, da wäre Martin Fourcade fuchsteufelswild geworden nach einem fünften Platz bei einem Sprintrennen. Verloren. So sah er das. Vier waren besser. Also: Eine krachende Niederlage. Er wäre wütend auf sich selber gewesen. Doch diesmal war er entspannt nach dem Saisonstart. Gelassen gar, denn der Rückstand auf die Jungs, die auf dem Podest standen, war nur marginal. Eigentlich kaum der Rede wert. Und vor allem war er nah dran an seinem großen Konkurrenten und Nachfolger an der Spitze der Biathlonszene, Johannes Tignes Boe. Beide sind Kinetixx-Athleten, beide sind bereit in dieser Saison für das Duell der Giganten. Das hat bereits der erste Auftritt gezeigt, der zufällig auch noch beide am Start hintereinander sah.
Für Fourcade stand dabei viel mehr auf dem Spiel als für den fünf Jahre jüngeren Boe, denn der Franzose hatte ein wahres Seuchenjahr hinter sich. Platz zwölf letztlich nur im Gesamtweltcup. Nur in seinem ersten Jahr als Biathlet war er schlechter gewesen. Oft war er nur einer unter vielen. Die Dominanz der vergangenen Jahre, als er sieben Mal in Folge den Gesamtweltcup gewann, verwandelte sich in eine veritable Formkrise, die sogar dazu führte, dass er drei Weltcupveranstaltungen ausließ. Viele schrieben ihn schon ab. Das Ende einer Ära? Zur gleichen Zeit schien Johannes Tignes Boe unschlagbar zu sein. Er eilte von Sieg zu Sieg, gewann von neun Sprintrennen sieben und war bei den anderen beiden auch auf dem Podest.
Er konnte in Östersund aus einer Position der Stärke heraus an den Start gehen, Fourcade musste hingegen viele Unsicherheiten ausblenden. Trotz guter Testrennen wusste er bis zum Sprint in Schweden sicher nicht, wie er sich einordnen kann in diesem Winter. Jetzt ist die Gewissheit da, dass er zurück ist. Die Grundlagen sind gelegt. Boe hat wieder einen hartnäckigen und hochmotivierten Gegner mehr. Für Fourcade war deshalb der fünfte Platz ein großer Moment. Die reinen Zahlen belegen das. Er war auf der 10km-Runde nur zwei Sekunden langsamer als Boe und verlor bei vorsichtigem Schießen nur fünf Sekunden auf den Norweger, der freilich auch ungewohnt verhalten am Schießstand agierte. Fourcade konnte also in fast allen Belangen mithalten. Nur schoss er zweimal im Stehend-Anschlag daneben. Boe nur einmal. Das war im Grunde der entscheidende Unterschied. Bei gleicher Trefferquote wie Boe wäre Fourcade auf dem Podest gelandet, vermutlich direkt hinter dem Sieger Johannes Tignes Boe.
Marin Fourcade hat sein Formtief überwunden, Johannes Tignes Boe hat –und das ist mindestens eine ähnlich bemerkenswerte Leistung – sein Leistungsvermögen auf höchstem Niveau gehalten. Für die Biathlonsaison 2019/20 mit dem Saisonhöhepunkt in Antholz (Weltmeisterschaft) ist das eine gute Nachricht. Der Zweikampf zwischen Johannes Boe und Martin Fourcade geht in die nächste Runde und sicher darüber hinaus.