Das Glück in der Fremde

Sigi-Heinrich-Blog: Antholz ist überall. Vor allem natürlich im Moment bei der Biathlon-Weltmeisterschaft. Aber Antholz ist nicht nur ein Ort sondern viel mehr. Antholz ist eine Keimzelle für diesen Sport. Manchmal könnte man den Eindruck haben, dass der Urknall für Biathlon in diesem langestreckten Tal stattfand. Antholzer sind nämlich sehr gefragt. Sogar die große Biathlon-Nation Norwegen greift auf Südtiroler zurück. Patrick Oberegger trainiert die Damen und als Marte Osbu-Roiseland ihren ersten Titel als Weltmeisterin gewann (nach fünf Erfolgen in verschiedenen Staffeln) war das auch Oberegger zu verdanken. Er war vorher Teamchef der italienischen Mannschaft gewesen und hatte es in dieser Funktion geschafft, dem Team um Dorothea Wierer ein hohes Maß an Kontinuität zu vermitteln. Ständige Trainerwechsel zuvor sorgten immer wieder für Unruhe. Mit Oberegger kehrte Ruhe ein. Er hielt den Trainern den Rücken frei. Das fiel auch den Norwegern auf. Es erwies sich dabei als Glücksfall, dass eine Norwegerin seine Lebenspartnerin ist und so wechselte er nach den Olympischen Spielen in PyeongChang in das Land seiner Liebsten. Dort  war man schon nach wenigen Wochen begeistert von seiner Art, eine Mannschaft zu führen. Er formte aus Einzelkämpferinnen eine Mannschaft, die sich auch als solche sieht. Tiril Eckhoff, die mit Olsbu sowie den Boe-Brüdern Gold in der Mixed-Staffel gewann, erzählte eine wohl typische Begebenheit. Oberegger habe ihr gesagt, am 1. Januar um neun Uhr morgens sei wieder Training. Sie habe das erst nicht geglaubt aber Oberegger war pünktlich zur Stelle. Auf ihn ist Verlass, er ist ein Zuhörer, ein Ansprechpartner, ein Vermittler. Das kommt an im Team, auch in Verbindung mit einem anderen „Ausländer“ bei den Norwegern, dem französischen Schießexperten Siegfried Mazet. Auch die beiden Trainer verstehen sich.

Schon mehr Erfahrung bei ausländischen Teams hat Armin Auchentaller. Der Antholzer Langlauf-und Biathlontrainer war bis zu den Olympischen Spielen in Südkorea bei den Schweizer Damen, ehe er zum US-Team wechselte. Er steht dabei nicht so sehr im Focus wie sein Kollege Oberegger, dessen Team die Biathlonszene maßgeblich prägt. Auchentaller hat weniger erlesene Kräfte zur Verfügung. Er muss sich in Bescheidenheit üben und hofft auf die Dynamik der kleinen Schritte.  Gute Platzierungen im Weltcup wie etwa ein sechster Platz von Clare Egan in Slowenien bestätigen ihn in seiner Arbeit. Seine ruhige Art kommt an bei den US-Girls. Vor allem hat sich die erfahrenste und älteste der Mannschaft, Susan Dunklee, die vor drei Jahren in Hochfilzen schon Silber im Massenstart gewann, schnell auf Auchentaller eingestellt. Mit Erfolg. Beide strahlten in diesen Tagen um die Wette und ließen alle, die wollten, an ihrem Glück teilhaben nach dem bisherigen Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit. Dunklee  gewann Silber im Sprint und für einen Moment riss sogar Auchentaller, ganz gegen seine Gewohnheit, die Arme in die Höhe. Lowell Bailey, Weltmeister von Hochfilzen im Einzel und nun Sportdirektor im US-Biathlon-Verband, verwöhnte seinen Trainer und seine Athletin spät abends im „Südirol-Haus“ dafür  mit einem Ständchen auf seiner Gitarre. Für Auchentaller war diese Medaille auch der Durchbruch als Trainer denn auch wenn man es nur hinter vorgehaltener Hand sagt:  Nur Medaillen zählen letztlich. Auch für diejenigen, die ihre Athleten vorbereiten. Jeder auf seine Art.

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