Aus der Krise springen

RAW-Air der Skispringer nach zwei Höllenjahren erneut unter Druck

Ja, sie sind die Erfinder des Skispringens. Und deshalb traditionsbewusst und stolz auf ihre Vergangenheit. Vielleicht hatten die Norweger deshalb vor einigen Jahren die Idee, mit einer eigenen Skisprung-Tournee ein Gegengewicht zur Vierschanzentournee zu bilden, eine Wettkampfserie, die hervorragend dotiert und mit neuem Reglement einen besonderen Reiz setzen sollte zum Saison-Halali. Die Idee war gut, immerhin integrierte man mit dem Holmenkollen-Springen die Traditionsveranstaltung schlechthin und mit dem abschließenden Skifliegen in Vikersund hatte man das finale große Spektakel. Die Sache kam gut an – dann kam Corona. Und damit die Krise. 2020 musste die Tournee abgebrochen werden, im Jahr darauf fand sie gar nicht erst statt. Normalerweise ist das der Tod einer solchen Serie. Doch Norwegen trotzt allen Widrigkeiten. Sieht sich aber unverschuldet auch im dritten Jahr hintereinander neuen Schwierigkeiten ausgesetzt. Denn nun ist es nicht nur die Corona-Pandemie, die der Wettkampfserie zusetzt, auch der Krieg der Russen gegen die Ukraine schafft neue Unruhe. So hatte die Regierung in Oslo gefordert, russische und weißrussische Springerinnen und Springer von vornherein von den Wettkämpfen auszuschließen, was zunächst nicht überall auf Zustimmung gestoßen war. Aber nach der klaren Ansage des Internationalen Olympischen Komitees, das zum Boykott aufgerufen hatte und der unmittelbaren Umsetzung dieses Beschlusses durch den Skiweltverband FIS herrscht in dieser Sache wieder Einigkeit – die Leidtragenden sind die Sportler aus den betroffenen Ländern und die Wettkämpfe selbst. Die mussten ohnehin verkürzt werden, denn an der Schanze in Trondheim wird wegen der Vorbereitung auf die Nordische Ski-WM 2025 demnächst gebaut und weil Vikersund die Skiflug-WM austrägt, fiel auch das Fliegen aus dem Programm.

Trotzdem bleibt eine anspruchsvolle Wettkampfserie mit dem Highlight am Holmenkollen. Und damit beim größten Nordischen Skifestival der Welt. Denn das Treffen der Weltelite auf dem Hausberg von Norwegens Hauptstadt Oslo ist nicht nur für die Springerinnen und Springer der ultimative Kick. Auch Kombinierer, Langläuferinnen und Langläufer freuen sich Jahr für Jahr auf den ganz besonderen Reiz, vor ausschließlich Fachpublikum in außergewöhnlich großer Zahl springen und laufen zu können.

Aber irgendwie passt es in diesem Winter nicht für die Gastgeber. Denn unmittelbar vor dem Holmenkollen-Wochenende fuhr Corona noch einmal durch die Reihen der Langläufer und verhindert gleich mehrfach einen Auftritt der norwegischen Stars vor heimischer Kulisse. Prominentestes Opfer: Johannes Hoesflot Klaebo, der twitterte, dass seine Saison wohl gelaufen sei. Weil Russlands Alexander Bolschunow boykott-bedingt ebenfalls fehlt, müssen die Fans auf die erfolgreichsten Olympioniken schweren Herzens verzichten, dürfen sich dafür aber über ihren genesenen und wiedererstarkten Kombinierer-König Jarl Magnus Riiber freuen. Und über Therese Johaug. Und die Skisprung-Helden, allen voran Olympiasieger Marius LIndvik. Auch Halvor Egner Granerud wird versuchen, für gute Stimmung an der Schanze zu sorgen. Ein Job, den sich in der Woche darauf auch die Biathlon-Stars um Marte Olsbu Roiseland, Tiril Eckhoff und Tarjei Boe vorgenommen haben. Aber – weil eben in diesem Winter viele Dinge anders sind als in den Wintern zuvor – auch beim Biathlon fehlt der große Champion: Johannes Thingnes Boe hat nach den Spielen seine Saison nämlich schon beendet. Vielleicht kommt er ja trotzdem – als Zuschauer.

Pictures: K. Voigt Fotografie

 

 

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