Jedes Ende beinhaltet auch einen Anfang. Ich persönlich hoffe das sehr für Michael Rösch, der jetzt doch nicht mehr mag nach einer Saison, die holprig war und unbefriedigend für einen, der schon mal die Sterne vom Himmel holte.
Lange ist es her freilich. Es war 2006 bei den Olympischen Spielen in Turin, als der damalige Sonnyboy der deutschen Mannschaft rotzfrech in der Staffel auftrumpfte und massgeblich Anteil hatte am Olympiasieg. Er schoss als wäre der wichtigste Wettkampf der damaligen Saison ein Kirmesrennen. Er kannte schier keine Nerven. Fehlerlos, atemlos. Rösch betrieb seinen Sport wie es seinem Naturell entsprach. Immer grenzwertig. Hopp oder top. Er galt als eines der grössten Talente im Biathlon und schien in der Tat das Zeug zu einem Superstar zu haben.
Doch das Leben hatte anderes mit ihm vor. Nachdem er sich mit dem Deutschen Skiverband überworfen hatte, startete er in den letzten Jahren für Belgien. Rösch hatte stets seinen eigenen Kopf, seine eigene Meinung und er war keiner, der damit hinter dem Berg hielt. Damit schuf er sich nicht nur Freunde. Um sich selber treu zu bleiben, gab er alles auf: Sein Haus, ja sein bisheriges Leben. Weil die Startgenehmigung für Belgien dauerte, musste er auf die olympischen Spiele in Sotschi verzichten. In PyeongChang war er noch mal dabei. Dabei eben nur. Sportlich konnte er nicht mehr mithalten, obwohl er lange alles versucht hatte. Klaus Siebert betreute ihn und in den letzten Jahren schloss er sich den Schweizern an, um dort mit der Gruppe um Benjamin Weger zu trainieren. Er ordnete sich unter, liess den Bart wachsen, sorgte sich um Sponsoren, kräftig unterstützt von seinem Vater Eberhard, der immer an seinen Filius glaubte.
Michael Rösch liebte Biathlon. Das spürte ich auch immer bei allen Gesprächen und so manchmal war die Diskussion kontrovers. Dann haben wir uns ausgesprochen und die Luft war wieder rein. Auch wenn er es nur auf zwei Weltcupsiege brachte, so war er doch immer ein Athlet, dem meine Aufmerksamkeit gehörte. Ein Belgier aus dem Erzgebirge. Ein deutscher Olympiasieger. Ein Typ. Kein Leisetreter, einer der sich Respekt verschaffte im Lauf der Jahre, weil er kämpfte für sich, sein Leben, seinen Sport.
Auf den Tag genau vor 13 Jahren gewann er mit der deutschen Staffel in Ruhpolding seinen ersten Weltcup und danach auch sein erstes Weltcup-Rennen. Auf einer Pressekonferenz gab er jetzt mit feuchten Augen seinen Abschied bekannt.
„Das ist jetzt sehr emotional für mich“,
meinte Rösch und man spürte, dass er seine Karriere noch einmal Revue passieren liess. Die offiziell letzten Rennen will er in Ruhpolding nächste Woche bestreiten aber er will sich auch weiterhin dem belgischen Team zur Verfügung stellen, um für die Olympischen Spiele in Peking 2022 einen Quotenplatz zu holen. Ruhig wird es trotz Ruhestand also nicht werden und Ruhe wäre auch nichts für den umtriebigen Rösch. Vor allem die Nächte werden künftig kürzer werden, denn .im März wird er Papa. Auch das hat seine Entscheidung, jetzt adieu zu sagen, beeinflusst.
Ich wünsche ihm für die Zukunft mit seiner dann grösseren Familie viel Glück und sage an dieser Stelle auch: Danke Michael Rösch, du hast mir das Leben als Kommentator bei Eurosport leicht gemacht mit deinen wilden, verwegenen Auftritten, die unvergesslich bleiben.
Foto: Dirk Hofmeister