Das Bild, dass Ihr oben seht, ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem täglichen Legendenauftritt während der Biathlon-Weltmeisterschaft in Östersund. Matthias Simmen (links) aus der Schweiz war der erste Eidgenosse, der im Weltcup auf das Podium kam. In seiner Heimat Realp haben sie ihn danach mit einer Pferdekutsche durch den Ort gefahren. Tomaz Globocnik (Mitte) war in seiner Glanzzeit bei zwei Olympischen Spielen in Nagano und Salt Lake City für Slowenien dabei und Sven Fischer muss ich vermutlich kaum noch gross vorstellen. Er ist längst eine Legende, auch weil er weiterhin im Fernsehen zu sehen ist. Zwei von ihnen waren am Abend nach der Single-Mixed-Staffel sogar noch im Einsatz. So richtig, wie früher. Simmen und Fischer. Der Slowene hat gekniffen, obwohl auch er nach wie vor in ausgezeichnter Form ist. Es wurde ein Charity-Rennen veranstaltet und wohl selten hat es ein so exklusives Teilnehmerfeld gegeben wie im Nationalen Biathlon-Stadion in der Provinz Jämtland. Denn es waren noch dabei: Uschi Disl, die einst das deutsche Fräuleinwunder im Biathlon mitbegründet hat. Ihre langjährige Kontrahetin Magdaleina Forsberg, die fünfmal den Gesamtweltcup gewann. Oft vor Disl. Die Schwediin ist hier als Expertin für Eurosport. Anna-Karin Zidek machte mit. Auch eine von den Biathletinnen, die als Langläuferin begann und dann unter der Ägide von Wolfgang Pichler in ihrer neuen Sport Weltklasse wurde. Schön auch, dass ich LIve-Grete Skjelbreid in Aktion gesehen habe. Sie hat 2003 mit ihrem damaligen Ehemann Raphael Poiree mehr Medaillen gewonnen als alle anderen Nationen zusammen. Das ist nach wie vor unvergesslich und wohl auch nicht wiederholbar. Es ist schön, sie alle wohlauf und munter zu sehen, zumal sie mich ja auch jahrelang begleitet haben. Als ich zum ersten Biathlonrennen nach Lillehammer Ende 1997 geschickt wurde, hat mir Sven Fischer erst mal erklärt, was der Suhler Unterlader ist (ein spezielles Repetiersystem, das längst aus der Mode gekommen ist). Mit anderen grossen Biathleten der Vergangenheit habe ich lange am Mikrophon zusammen kommentiert. Frank Luck etwa (der nicht hier ist) oder MIchael Greis, der in Schweden die US-Boys betreut. Ricco Gross hätte beim Legendenrennen auch mitmachen können, doch der hatte viel zu tun. Er ist Trainer in Österreich und die WM läuft nicht eben optimal. Da hat man keinen Kopf für einen lustigen Wettkampf, den viele zudem noch ziemlich ernst nehmen.
“Wann ist das Anschiessen”,
fragte etwa Sven Fischer am Nachmittag. Matthias Simmen hat sich vor Lachen gar nicht mehr eingekriegt und meinte nur lapdiar, dass er so was nicht nötig habe. Und dann erzählte Sven ein Geschichte von früher, wie das mal war, als er bei der Vorbereitung auf einen Wettkampf etwas zu leichtfertig war. Einmal Athlet, immer Athlet. Der Ehrgeiz, der alle früher in die Weltklasse führte, schlummert in allen noch immer mehr oder weniger. Bei Fischer sicher mehr. Und so hat er schnell noch ein paar Runden gemeinsam mit Simmen gedreht. Natürlich auf der schweren Vier-Kilometerstrecke. Man will sich schliesslich nichts nachsagen lassen. Ich kenne keine Sportart, in der bei Weltmeisterschaften die Vergangenheit derart lebendig ist. Hautnah ist sie zu spüren. Willi Pallhuber, fünfmal Weltmeister für Italien, ist im Antholzer Haus, um Werbung für die WM nächstes Jahr zu machen. Sein Landsmann Andreas Zingerle, auch einer der erfolgreichsten italienischen Biathleten, segelt als Trainer mit seiner Mannschaft gerade auf der Erfolgswolke Sieben. Die Schweden sind natürlich vollzählig vertreten noch mit Björn Ferry und Carl-Johan Bergmann. Helene Ekholm tritt für das schwedische Fernsehen auf. Und auch Biathleten aus einer Generation vor meiner Zeit als Kommentator ziehen hier regelmässig noch ihre Runden wie Alfred Eder aus Österreich, WM-Dritter 1986 in Oslo im Einzelwettbewerb. Im Trainerbereich wimmelt es sowieso nur so von Legenden. Zdenek Vitek betreut seine Tschecheslowaken. Der Norweger Egil Gjelland ist für die tschechischen Frauen verantwortlich ist. Sein Landsmann Frode Andresen kümmert sich um den Letten Rastorgujevs. Ana Murinova war in Nagano für die Slowakei im Einsatz und ist die starke Frau hinter den grosartigen Fialkowa-Schwestern. Vincent Vittoz war Weltmeister im Langlauf 2005 in Oberstdorf und kümmert sich um die französischen Biathletinnen. Und erst Marc Kirchner. Der deutsche Cheftrainer war einer der Stars der Olympischen Spiiele in Lillehammer und sorgt mittlerweile für Dauererfolge seiner Nachfolger. Es ist wie bei grossen Reden. Bestimmt habe ich einige vergessen. Es ist schön, sie alle hier zu erleben und im Gegensatz zu ihrer aktiven Zeit sind sie jetzt lockerer, aufgeschlossener und sie nehmen sich die Zeit für ein kleines, nettes Gespräch. Und ich bin sicher, dass einige, die hier in Östersund noch Medaillen für ihre Leistungen erhalten, in Zukunft auf der anderen Seite des Sports stehen werden. Sie werden Trainer, TV-Experten oder Funktionäre in ihren Verbänden. Je mehr Knowhow im Sport erhalten bleiben kann, umso besser ist es. Und ausserdem stribt dieses Wissen nie aus. Denn Legenden leben ewig.