Der Konkurrenz den Zahn gezogen

Marius Lindvik aus Norwegen gewinnt Olympiagold in Peking

Vom Glück verfolgt war Markus Lindvik in der Vergangenheit bei Saisonhöhepunkten gerade nicht. Der inzwischen 23jährige Norweger, schon seit Jahren als Riesentalent gehandelt, kam mit der Empfehlung seines ersten Weltcupsiegs 2019 zur Vierschanzentournee. 21 Jahre alt war er da und als Beruf hatte er DJ angegeben, weil er in Oslo auch mal Platten auflegte. In Klingenthal hatte es im Dezember zu Platz 3 gereicht, sein erster Podestplatz im Weltcup also, und nun hofften die Fans auf den Durchbruch des jungen Mannes auf internationaler Bühne. Immerhin hatte der Bursche bei den Olympischen Jugendspielen vor heimischer Kulisse 2016 zwei Silbermedaillen gewonnen, gefolgt von zweimal Gold und einmal Bronze bei den Juniorenweltmeisterschaften zwei Jahre später. Der Durchbruch bei den Erwachsenen schien also nur eine Frage der Zeit. Das klappte auch. Blöd nur, am Ende war der Durchbruch in die Weltspitze für Lindvik trotzdem mit einer Enttäuschung verbunden. Weil es zum Auftakt in Oberstdorf nur zu Platz 10 gereicht hatte, konnte Lindvik trotz zweier Tagessiege beim Neujahrsspringen in Partenkirchen und in Innsbruck vor dem Finale in Bischofshofen nicht als Tournee-Führender antreten. Der hieß Dawid Kubacki und der Pole siegte auf der Paul-Außerleitner-Schanze. Für den Norweger bliebt nur der zweite Platz im Gesamtklassement.

Als im Winter darauf wieder Tournee angesagt war, da flog Lindvik zwar mit nach Deutschland, aber an Springen war nicht zu denken, denn die Weisheitszähne hatten sich gemeldet, das Gesicht war geschwollen, die Schmerzen unerträglich. OP statt Oberstdorf, die Runde war gelaufen. Nach der Genesung konnte sich der Mann aus Soerum, einer Gemeinde östlich von Oslo, zumindest mit einem Weltcupsieg in Zakopane schadlos halten.

Auch der Olympiawinter begann für Lindvik wieder einmal eher zäh. Aber wieder war Klingenthal der Schlüssel zum Erfolg, wieder reichte es zu Platz 3 und wieder ging der Norweger hoffnungsfroh in die Tournee. Die allerdings wurde vom Japaner Ryoyu Kobayashi dominiert. Für Lindvik blieb ein Weltcupsieg in Bischofshofen, allerdings nach der Tournee in der Woche darauf in Zakopane. Beim letzten Springen vor der Abreise nach China segelte er in Willingen der Konkurrenz davon und dennoch – die Fachwelt konzentrierte sich weitestgehend auf das Duell Kobayashi – Wellinger, Lindvik flog eher unter dem Radar.

Bis zur Entscheidung auf der Großschanze. Da war er da, lies die gesamte Konkurrenz hinter sich und katapultierte sich zu seinem ersten großen Erfolg. Für sich selbst. Für Norwegen, das seit dem Erfolg von Toralf Engan 1964 auf Olympiagold warten musste. Für seine Kritiker. Die hatten den Olympiasieger im Sommer noch gemahnt, diszipliniert und pünktlich zu sein. Und Lindvik hat geliefert. Professionell und auf die Sekunde pünktlich.

 

Pictures: K. Voigt Fotografie

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